Montag, 5. April 2010

"Zammgrauft " Gewaltprävention in der Schule

Gewaltprävention kann nicht früh genug beginnen. Kinder und Jugendlichen brauchen alternative Handlungsmöglichkeiten, um zu lernen, wie sie sich wehren können und trotzdem Konflikte gewaltfrei lösen. Projekte in Schulen in Zusammenarbeit mit der Polizei zeigen erste Erfolge für ein friedliches Miteinander.
Stand: 23.06.2009
Zwei Schüler raufen Sachbeschädigung, Erpressung, Mobbing oder körperliche Übergriffe scheinen an manchen Schulen fast schon Normalität zu sein. Doch viele Straftaten, die dort begangen werden, bleiben im Verborgenen. Unklar ist auch die Zahl der Schüler, die sich aus Angst, verprügelt zu werden, nicht mehr zur Schule trauen. Gewalt in der Schule, das ist ein Thema, das besonders nach Amokläufen wie in Erfurt oder Emsdetten öffentlich diskutiert wird. Doch Gewalt fängt schon im Kleinen an, denn nicht nur körperliche Übergriffe oder kriminelles Verhalten werden als Gewalt definiert, auch Beschimpfungen und Beleidigungen fallen darunter. Am häufigsten ist gewalttätiges Verhalten bei 13- bis 15-Jährigen, also etwa in der 8. und 9. Klasse zu beobachten. Dabei ist die verbale Gewalt die typischste Form. Gewaltprävention kann deshalb nicht früh genug beginnen, um Kindern und Jugendlichen alternative Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, ihnen Hilfestellungen bei Bedrohungen oder Handgreiflichkeiten zu geben, sie aber auch darin zu bestärken, bei der Beobachtung von gewalttätigen Situationen rechtzeitig einzuschreiten.

Entstehung von Gewalt ist vielfältig

Gewalt an der Schule
Die Ursachen für gewalttätiges Verhalten sind vielfältig. Viele Amokläufer, wie zum Beispiel der 19-Jährige, der am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt 16 Schüler und Erwachsene getötet hatte und anschließend Selbstmord beging, waren begeisterte Computerspieler. Doch das allein bewegte sie nicht zu ihren schrecklichen Taten. Zahlreiche Studien verweisen inzwischen darauf, dass sich gewalttätiges Verhalten selten auf eine einzelne Ursache zurückführen lässt. Hier ist das Zusammenwirken von verschiedenen ungünstigen Bedingungen entscheidend, Erfahrungen in der Familie, der Schule, mit den Freunden sowie persönliche Faktoren, neben dem Einfluss der Medien. Treffen hier mehrere Ursachen aufeinander, erhöht sich die Bereitschaft zu aggressivem und gewalttätigem Verhalten, und das kann innerhalb einer Schulklasse viel Schaden bei den Mitschülern anrichten. Gerade durch vorbeugende Maßnahmen können hier Täter rechtzeitig aufgehalten und Opfer geschützt werden.

Projekte zur Gewaltprävention

Verschiedene Präventionsprogramme an Münchner Schulen wie  "Zammgrauft" und "Aufgschaut" zeigen erste Erfolge, der Gewalt im Vorfeld zu begegnen. In Zusammenarbeit mit der Polizei, der Schule und der Universität, die diese Projekte wissenschaftlich begleitet, lernen Kinder und Jugendliche, wie sie sich in bestimmten Situationen, die Hilfe und Zivilcourage erfordern, verhalten können. Spielerisch erfahren sie, was Gewalt ist und wo sie anfängt. Ziel von "Zammgrauft" ist es also, Gewalt frühzeitig zu erkennen, richtig zu reagieren, dem Opfer zu helfen und den Vorfall zu melden. Seit dem Jahr 2001 wurden etwa 1.300 Münchner Lehrer und Lehrerinnen ausgebildet, um diesen Kurs in ihrer Schule weiterzuführen.
Das Projekt "Aufgschaut" wurde für die Grundschule entwickelt. Es ist ein Training zur Förderung der Selbstbehauptung und der Zivilcourage. Auch hier lernen Schulkinder, sich gegen Gewalt zu schützen, Gewaltsituationen besser einzuschätzen, sich in die Lage der Opfer zu versetzen und alternative Handlungsmöglichkeiten zu erproben. Beide Projekte stärken die Persönlichkeit der Kinder und Jugendlichen und helfen Konfliktsituationen friedlich zu lösen.
Weitere Informationen:
Buchtipps
  • Aufgschaut - Ein Projekt zur Förderung von Selbstbehauptung und Zivilcourage in der Grundschule.
    Frey-Gaska, A., Frey, D., Kastenmüller, A., Fischer, P., Spies, R. & Manzenrieder, A. (2007): In: K. Jonas, M. Boos & V. Brandstätter (Hrsg.) Zivilcourage trainieren. Spies, R. & Manzenrieder, A. (2007): Göttingen: Hogrefe.
  • Mobbing begegnen - mit Zivilcourage.
    Kulis, M. & Frey-Gaska, A. (2007): In: J. Kahlert & R. Sigel (Hrsg.) Achtsamkeit und Soziale Anerkennung. Materialien zur Förderung des Sozialverhaltens in den Jahrgangsstufen 5-9. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln.
  • Gewalt an Schulen. Pädagogische Antworten auf eine soziale Krise
    Klaus Hurrelmann, Heidrun Bründel, Beltz Verlag Februar 2007